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Zwischen Hype und Hoax
"Wenn Dinge zu schön, um wahr zu sein scheinen, dann sind sie es meistens auch nicht", lautet ein küchenpsychologisches Sprichwort, das offenbar auch auf Elektroautos zutrifft. Wer aktuell die Volkswagen-Broschüre zum neuen "ID.7" aufschlägt, wird von den Tugenden der sauberen Mobilität geradezu überrumpelt: Wenn der Haushaltsstrom knapp sei, könnte man gar beim "ID.7" chargen ("Vehicle-to-Home"), viele Teile des Autos seien zudem aus recyceltem Material hergestellt. Hier und da streut Volkswagen passend ansprechendes Grün ins Layout ein.
Doch wer Elektroautos googelt, trifft auf anderes, als grüne News: Handyvideos zeigen explodierende Batterien, stark brennende Autos, Versicherungen wollten gar Elektroautos nicht mehr versichern, die Batterien seien kaum zu reparieren und aufwändig in der Entsorgung, Autofahrer*innen träfe überdurchschnittlich oft ein Herzinfarkt, wenn sie in Elektroautos säßen, in Afrika werden gar Kinder zum Abbau von Lithium eingesetzt und es würde Raubbau mit der Natur betrieben - zugunsten eines grünen Images und schnell steigender Verkaufszahlen!
Style PASS hat sich umgehört, was am positiven wie negativen Hype um den rußfreien Verkehr dran ist.
Bei Volkswagen ist man PR-technisch mit allerlei Jubelkommunikation am Start, als Style PASS ein paar Fragen zu E-Mobilität stellt: „Der Elektromobilität gehört die Zukunft. Wir werden bei Volkswagen das Tempo bei der Elektrostrategie beibehalten“, so ein Sprecher gegenüber Style PASS. Volkswagen bietet acht Jahre Garantie an. Man geht von auf 160.000 Kilometern Laufzeit aus. „Die Haltbarkeit unserer Batterien ist auf die Lebensdauer des Fahrzeugs ausgelegt“, so der Sprecher.
Schön und gut, aber der "gute, alte Benziner“ legte schon mal gut durchschnittlich 300.000 Kilometer bis zur Verschrottung zurück.
Und auch beim Thema „Reparatur“ tun sich erste Gaps zwischen der Kommunikation verschiedener Interessengruppen auf: Volkswagen ist gewohnt selbstbewusst, es ließen sich fast alle Einzelkomponenten reparieren, meist reiche es aus, ein Modul zu tauschen, nur in Einzelfällen solle es zu einem Komplettaustausch kommen.
Also alles easy und von der schlechten Presse im Internet, wenn man „Reparatur Elektroauto-Batterien“ googelt, nichts zu spüren!
Die unabhängige Expertin Dr. Anita Schmidt von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) dazu gegenüber Style PASS: „Natürlich möchten alle Hersteller möglichst hohe Leistungsdichten ihrer Zellen und Batterien erzielen, weil das direkt mit der Reichweite eines E-Autos in Verbindung steht. Dementsprechend findet auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Materialien statt, welche die Leistungsfähigkeit und Sicherheit von Batterien erhöhen sollen. Gleichzeitig sehen wir auch eine Vielzahl an neuen Sicherheitsfeatures, die wirksam Brände defekter Batterien verhindern.“
Was bei Volkswagen rund läuft, sorgt bei anderen "Playern" zumindest für die eine oder andere hauseigene Studie und Presseaussendung: Schon deutlich anders ist die Tonalität zum Thema "Reparaturen", als Style PASS beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft nachfragt - da sorgt man sich offenbar insbesondere ums liebe Geld, das die Versicherungsunternehmen ausgeben müssen, wenn eine Elektrobatterie defekt ist.
Ein Sprecher gegenüber Style PASS spricht von „aktuell häufig noch schlechten Diagnose- und Reparaturmöglichkeiten von Elektroautos“, die im Sinne der Versicherten „verbessert“ werden müssten. Von irgendwelchen „Ausschlusskriterien“ bei der Versicherung von Elektroautos, weiß der Verband allerdings nichts: „Grundsätzlich unterscheidet sich die Versicherung von Elektroautos nicht von der Versicherung für Verbrenner“, so der Sprecher.
Unsorgfältige Reparaturen können Lithiumbatterien zum "Sicherheitsrisiko" machen!
"Wenn Lithiumbatterien repariert werden sollen, so muss dies genau nach der Anweisung und am besten mit den Ersatzteilen des Herstellers erfolgen", so Schmidt und ergänzt: "andernfalls produziert man etwas Anderes, als ursprünglich getestet wurde und ein neuer Prototyp-Test wird nötig". Würde dies nicht eingehalten, könnte eine Batterie zum "Sicherheitsrisiko" werden.
Aktuell berate die BAM die Politik dahingehend, dass eine Batterie nur so repariert werden darf, dass sie der ursprünglich geprüften Bauart entspricht, dass aber nach einer Veränderung ihrer Bauart diese neu zu testen sei: "Ein 'wilder' Reparaturmarkt mit sicherheitskritischen Eingriffen in Lithiumbatterien soll deutlich verhindert werden", so Schmidt.
„Unfallschäden an einem Elektroauto kosten deutlich mehr als bei einem vergleichbaren Auto mit Verbrennungsmotor“, unterstreicht Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Nach einer aktuellen GDV-Untersuchung werden in der Vollkasko-Versicherung für „Stromer“ zwar bis zu 20 Prozent weniger Schäden gemeldet als bei vergleichbaren Verbrennern, aber jeder Schaden kostet im Schnitt bis zu 25 Prozent mehr. „Nach Unfällen werden die Antriebsbatterien häufig komplett ausgetauscht. Zudem werden die Autos sehr lange in Quarantäne gelagert oder sogar in Löschcontainern im Wasser versenkt, was zum Totalschaden führt“, sagt Asmussen. „Was wir stattdessen brauchen, sind präzise Kriterien für den Umgang mit verunfallten Elektroautos und wirtschaftlich nachhaltige Anleitungen für die Reparatur oder den teilweisen Austausch beschädigter Batterien.“ Hier weiß die BAM gegenüber Style PASS für Auskunft zu sorgen, Fachexpertin Schmidt dazu: „Ab 2027 ist der Batteriepass verpflichtend“, mit diesem würden dann wichtige Informationen über die Batterie nachvollziehbar sein - dies sei "eine gute Lösung, die auch die Reparierbarkeit und Anwendung in ihrer Nachnutzung" verbessern solle.
Gute Idee, findet auch Style PASS - aber warum wurde ein "Batteriepass" nicht direkt mit den ersten Zulassungen von Elektroautos in Deutschland, oder sogar EU-weit, von der Politik obligatorisch gemacht?
Am Trend zu Elektroautos sieht auch der GDV keine grundsätzlichen Fehlsteuerung: „Dass wir als Gesellschaft unsere Fahrzeuge künftig nicht mehr mit fossilen Rohstoffen antreiben, ist und bleibt angesichts des Klimawandels der einzig richtige Weg.“
Irgendwie sieht Style PASS das nach nur kurzer Recherche etwas anders - insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum Milliarden in diese neue Technologie gepumpt wurden und jetzt auf einmal kein staatliches Geld für ein "9 Euro Ticket" mehr übrig ist? Schließlich ist die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten immer noch der Königsweg.
Aussagen widersprechen sich teilweise innerhalb der Style PASS-Recherche, vieles scheint PR-technisch schön gefärbt und überhaupt - , was ist mit Straßenbahnfahrten angesichts des Klimawandels und vielen Ungereimtheiten auch beim Thema Elektroautos?
Wäre die Investition in bestehende Mobilitätsnetze und der Ausbau dieser nicht der sinnvollere Weg, anstatt Steuergelder und öffentliche Förderung in Elektroautos zu stopfen?
Wobei wir beim Thema „Kosten“ wären. Mit dem „Umweltbonus“ förderte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Kauf von E-Autos mit zehn Milliarden Euro. Mit der Förderung habe man die „E-Mobilität in Deutschland entscheidend vorangebracht“, so das Bundesamt gegenüber Style PASS.
Style PASS fragt weiter nach, da im Internet von hohen Kosten bei der Entsorgung von Elektro-Batterien die Rede ist, kann das Bundesamt nicht bestätigen, jedenfalls müssen diese nicht die Besitzer eines Elektroautos tragen: „Die europäische Altfahrzeug-Verordnung verpflichtet Autohersteller, ihre Fahrzeuge kostenlos zurückzunehmen und fachgerecht zu entsorgen. Es entstehen demnach keine Zusatzkosten für Besitzer eines E-Autos bei der Entsorgung“, klärt das Bundesamt auf.
Bei der BAM macht man auf die Chancen einer „Nachnutzung“ von Elektrobatterien aufmerksam: „Re-use“, darunter verstünde man, eine Elektrobatterie wieder oder in ein anders Fahrzeug einzubauen, unter „Re-purpose“ verstünde man, eine Fahrzeugbatterie z.B. als stationären Speicher für erneuerbare Energien zu nutzen und last but not least das „Recycling“, um aus den Materialien nach der Nutzung als Batterie z.B. neue Batterien herzustellen.
Style PASS findet: Statt der staatlichen Förderung an Endkunden, Elektroautos zu kaufen, was einseitig der Automobilwirtschaft dient, sollten „Re-use“-, „Re-purpose“- und „Recycling“-Strategien klar gefördert werden, um die Umwelt nachhaltig zu schützen!
In der Volkswagen-Broschüre zum "ID.7." wird der Wiederaufbereitungsprozess rund um die chemischen Komponenten Lithium oder Cobalt dargestellt:
Der Recycling-Prozess: 1. Zunächst werden die gebrauchten Batteriesysteme geprüft, tiefenentladen und auseinandergebaut. 2. Die Einzelteile werden zu Granulat zerrieben, das anschließend getrocknet wird. 3. Spezialisierte Partner behandeln die Granulatmasse mit Wasser und chemischen Mitteln, um die einzelnen Rohstoffe sortenrein zu trennen.
Das klingt auf den ersten Blick vernünftig. Allerdings ergänzt Style PASS: Wasser ist jetzt schon eine knappe Ressource und wird in Zukunft weiter verknappt werden - dass ordentlich Wasser für die Wiederaufbereitungsprozesse drauf geht, scheint insofern zwei Seiten zu haben. Auch, der Fakt, dass bei defekten Batterien ein Auto schon mal in den Wassercontainer müsse, spricht nicht gerade für die "ökologische Nachhaltigkeit" von Batterien.
Der Trend weg vom Benziner scheint jedoch klar: Im Jahr 2022 (laut Statistik des Kraftfahrbundesamtes (KBA)), waren erstmals knapp die Hälfte der neu zugelassenen Pkw mit einem alternativen Antrieb ausgestattet - 32 Prozent waren dabei Elektroautos.
Und was ist mit den Produktionsbedingungen von Elektrobatterien, auch hierzu kursieren reichlich Schreckensmeldungen. Volkswagen vermeldet: "Einzelne Materialien der Hochvolt-Batterie gelten heute als Hochrisikorohstoffe. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und haben entsprechende Prozesse und Management-systeme eingerichtet, um die Menschenrechte entlang der Lieferketten zu achten." Nun gut, da wäre Style PASS ein stärkeres Statement, wie "Menschenrechte zu schützen und weiter auszubauen" lieber gewesen, als lediglich auf selbige zu "achten". Irgendwie scheint das ein dehnbarer Begriff zu sein. Und dass alle negativen Meldungen im Netz sich lediglich grüne Spinner und "Fundis" ausgedacht haben, glaubt Style PASS nicht.
Style PASS resümiert: Wie jede neue Technologie haben auch Elektroautos (Lithiumbatterien) Vor- und Nachteile: Wie viele Kilometer kann man zurücklegen, bevor die Batterie neu geladen werden muss? Wo gibt es Ladestationen? Wo können sie repariert werden und zu welchen Kosten? Wie sieht es mit dem Recycling aus? Dabei scheinen jedoch manche Horrormeldungen rund um Elektrobatterien, die im Netz zu finden sind, aus dem verschwörungstheoretischen Bereich zu stammen. Auch zum Thema "Herzinfarkte in E-Autos" hat Style PASS vorsichtshalber beim Verband der Kardiologen nachgefragt: "Es gebe keine Studie hierzu!", sagt der Verband.
Style PASS ergänzt: Vielleicht wurde einfach noch keine Studie in Auftrag gegeben - und wir warten weiter auf neue Hypes und Hoax' rund um den Elektroauto-Trend.