Sports & Politics
Zwischen Couch und Schuldenbremse
Unser Christian "Chrissi" Lindner. Ein smarter Typ, rhetorisch begabt mit leichtem bis mittelschwerem Hang dazu, eigene Ideen- und Richtungslosigkeit als Genialität und fehlende Kooperationsfähigkeit als Standhaftigkeit auszulegen. Aus Anlass der geplatzten Koalition erlaubt sich Style PASS ein kleines Psychogramm des Tausendsassas.
Erinnert uns Lindner irgendwie ein bisschen an die Mona Lisa, deren ikonisches, hintergründiges Lächeln durch eine Corona-Maske verdeckt wird: Am Ende bleibt Verwirrung und die Frage, ob Mona Lisa wohl eher lächelt oder hinter der Maske eine Schnute zieht? Vielleicht sogar auf ein paar Gummibärchen rumkaut?
Auch bei Lindner weiß man oft nicht, woran man ist!
Und die Frage stellt sich, ob er eventuell selber gar nicht weiß, wer er eigentlich ist? Vielleicht, weil sein Charakter oft genug hinter seiner schnellen Rhetorik und seinem Hang zu taktischen, politischen Spielchen zurücktritt?
Am Beispiel der geplatzten Koalition sieht man, dass Lindner gerne Dinge auf die Spitze treibt, um sich selbst dann in einer Art und Weise zu präsentieren, die wenig Schnittmengen mit sachlichen Argumenten oder dem, was man "Realität" nennen könnte, hat.
Um die Fassade des Anzug tragenden Saubermannes aufrecht zu erhalten, hilft Lindner, dass er ein offenbar emotional stark kontrollierter Mensch ist: Persönliche Beleidigungen oder verbale Ausfälle sucht man vergeblich, lieber flüchtet er sich in abstrakte Bilder und übergeordnete Leitgedanken: Anstatt beispielweise nun Kanzler Scholz zu kritisieren, belässt er den Ball lieber im eigenen Spielfeld und spricht davon, seinen Amtseid nicht habe verletzen wollen. Das klingt nach Integrität und Stärke, wo es eigentlich um einen Machtkampf der politischen Deutungshoheit geht.
Damit schafft Lindner das Kunststück, sympathisch und klar rüber zu kommen.
Aber was hat er eigentlich "politisch gerissen"?
Die Antwort auf die Frage würde schlichtweg "NICHTS" lauten.
Da hätten wir die Idee der "schwarzen Null" und der "Schuldenbremse", den Haushalt neutral zu halten und die nächsten Generationen nicht mit weiteren Schulden zu belasten.
Das klingt zunächst gut und plausibel, aber irgendwie auch "schräg", denn glaubt man Wirtschaftsökonomen, denen Lindner selbst zustimmt, dass Deutschland ein Infrastrukturloch in dreistelliger Milliardenhöhe zu stopfen hätte, passt da irgendwas nicht so ganz.
Jugendliche, die auf den Klimawandel aufmerksam machen, diffamiert Lindner kurzerhand als "Schulschwänzer" und lenkt damit platt vom eigentlichen Problem ab, dass unser schöner Planet streckenweise in Müll und Abgasen erstickt und jahrzehntelanger Raubbau mit der Natur betrieben wurde, der für niemanden erstrebenswert gewesen sein kann.
Ein Umbau der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit kostet Geld, das die freie Wirtschaft hier und da einfach nicht hat, auch wenn das Geschäftsmodell der Gesellschaft nutzt, etwa beim Thema "nachhaltige Mobilität".
Wenn Lindner nicht weiter weiß, flüchtet er sich in die Reflexion über Denkschulen, leite Habeck doch der Gedanke an, dass der Staat viel regeln müsse und ihn, dass der Staat lediglich einen breiten Rahmen vorgeben dürfe. Schließlich solle die Wirtschaft den Staat finanzieren, und nicht der Staat die Wirtschaft.
Klingt gut und einleuchtend, aber halt auch apodiktisch und unflexibel.
Wissen müsste es Lindner selbst am besten, kassierte der doch in jungen Jahren Staatssubventionen für sein Avatar-Unternehmen und sagte da offenbar auch nicht "nein" zu nicht selbst erwirtschaftetem Geld.
Die eigene Haltung wird fröhlich angepasst, Weltbilder rotieren in Lindners eloquenter Zeitbeobachtung!
Gebetsmühlenartig betont Lindner den "Leistungsgedanken", als ob die Qualität einer Gesellschaft nur davon abhinge, ob Arbeitnehmer*innen 30 oder 40 Stunden die Woche arbeiten würden: Das ist eindimensional und auch falsch, fordern viele Arbeitssoziologen schon seit Jahrzehnten weniger Stunden pro Woche - weil das menschliche Wesen dann besonders kreativ und leistungsstark ist, wenn es auch Zeit für Regeneration, Hobbys, Familie und Freunde hat.
Vielleicht kann sich Lindner da schlecht in andere hineinversetzen, weil er außer seinem Porsche mit Verbrennermotor selbst keine Passionen besitzt?
Oder doch?
Heiratete Lindner als Nicht-Kirchenmitglied doch seine jetzige Frau, ebenfalls Nicht-Kirchenmitglied, traditionell in einer Kirche. Viele fragten sich: Wieso? Um bei Wähler*innen besser anzukommen?
Zum Bruch der Koalition habe geführt, dass die Standpunkte einfach unvereinbar gewesen seien. Oder ist Lindner einfach nur zu stur?
Vorgelegt hat er Scholz, der SPD und den Grünen ein Papierchen, was einfach derartig weit weg vom Zeitgeist und den Standpunkten seiner Koalitionspartner war, dass Politik-Profi Lindner sehr genau gewusst haben muss, auf was das Ganze heraus läuft: seinen Rausschmiss.
Unter anderem forderte Lindner eine Abkehr von den deutschen Klimazielen. Klar, seien wir doch schlicht nicht wettbewerbsfähig und kein Wunder, dass Deutschland zu wenig Steuern einsammeln könne, wenn man es der armen freien Wirtschaft einfach derartig schwer mache.
Das ist Unsinn, denn Deutschland könnte die Chance nutzen, Vorreiter mit innovativer Technik und einer klimafreundlichen Industrie, nicht nur innerhalb der EU, sondern auch weltweit, zu werden.
Wenn Vater Staat hier und da mit Investitionen helfen würde, entspricht das vielleicht nicht den Lehrinhalten zu Liberalität, als Lindner irgendwann mal Politikwissenschaften studiert hat, aber zumindest einer positiven Zukunftsutopie.
Was hat dann für Lindner eigentlich mehr Gewicht, fragt sich Syle PASS?
In der Krise macht Kanzler Scholz, der Probleme bislang gerne einfach weggrinste, erstmals eine gute Figur.
Richtig, dass er Lindners asozialen Vorschlag, bei Rentnern durch die Bank zu sparen und Besserverdienenden einseitig in die Tasche zu spielen, klar verurteilt.
Warum sollten Menschen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, nun auf einmal etwas von ihrer Rente abgeben? Wäre dies nicht eine politische Forderung, die, wo Lindner unsere Verfassung bei der Schuldenbremse ach so wichtig ist, auch fragwürdig wäre?
Wie will Lindner das moralisch rechtfertigen? Vielleicht, weil die Rentner*innen aus seiner Sicht einfach nicht genug gearbeitet haben?
Lindners Weltbild scheint eindimensional und und teilweise absurd: Einerseits will er Regeln und Ableitungen aus dem Grundgesetz nicht brechen und seinen "Amtseid" nicht verletzen, anderseits hat er aber kein Problem, bei Herrn Müller und Frau Meier übergriffig zu werden und ins Portemonnaie zu greifen.
Ist ja auch nicht das eigene!
Lindner hat als Politiker immer extrem gut verdient. Auch wenn er so tut, als sei er einmal Unternehmer gewesen, so mag das sein, aber sonderlich erfolgreich war er in dieser Rolle nicht.
Wobei wir schon bei der soziologischen Rollentheorie wären, die er dem süffisant lächelndem Spiegel-Journalisten Markus Feldenkirchen versucht anhand eigener Lebenspraxis zu erklären: Könne ihn Kritik, etwa des Spiegels, gar nicht treffen, würden Menschen ihn doch lediglich in unterschiedlichen Rollen, etwa dem des Sparfuchses oder Mittelstands-Wahrers, sehen - habe dies doch wenig mit ihm als Mensch zu tun, wenn er auf der Couch chillen würde.
Herrje, Christian, studiere vielleicht erstmal Soziologie, rät Style PASS, dann wüsstest Du, dass die Rollentheorie lediglich ein Instrument ist, um soziales Verhalten von Menschen "deutend zu erklären", wie es der Vater der Soziologie, Max Weber, einmal gesagt hat: Vom Politiker erwarten die Bürger*innen zu recht, sich von Erwartungshaltungen, etwa der freien Wirtschaft, des Mittelstandes, der Lehrerinnen oder Arbeitslosen frei zu machen, und nach einem transparenten Wertekanon zu handeln - dann redet der Mann im Anzug auch nichts anders, als der Mann im Jogger auf der Couch.
Es lässt tief blicken, dass Lindner offenbar zwischen seiner öffentlichen und privaten Rolle differenzieren will, denn gute Ideen entwickeln sich nicht im Hallraum der eigenen Charakterschwäche. Oder anders ausgedrückt: Will der Mann auf der Couch eventuell nicht daran erinnert werden, was er tagsüber so verbockt hat?
Auch in der Wahl seiner jetzigen Partnerin scheint er niemanden gefunden zu haben, die ihm sein asoziales Gedankengut ausreden könnte. Tritt Journalistin Franca Lehfeldt doch reichlich rabiat und unangenehm von sich selbst überzeugt auf. Sie sei Verfechterin des "Leistungsgedanken" und wenn sie ihre holzschnittartigen Formeln mit Zahlen nicht gesund beten kann, muss im Regelfall ihr Vater herhalten, der sich auch über die Jugend in Cafés echauffieren würde, die lieber Hafermilch-Latte trinken würde, anstatt arbeiten zu gehen.
Irgendwo muss das Geld schließlich herkommen, das Franca für sündhaft teure Designerhandtaschen ausgibt, die sie stolz auf Charity-Events präsentiert, meint auch Style PASS.
Lindner erklärt dem milde lächelnden Feldenkirchen derweil, dass die FDP aufgrund ihrer Weltoffenheit, Großzügigkeit und allgemeinen "Tollheit" von vielen Menschen eh nicht verstanden würde, wodurch die miserablen Umfragewerte zu erklären seien. Und in der Tat will der idealtypische (auch ein soziologischer Fachterminus, den uns Lindner bei Gelegenheit vielleicht einmal erklären will) FDP-Wähler offenbar nicht in der Regierung abgebildet sein: Seit Scheitern der Koalition seien über 600 Menschen neu in die FDP eingetreten und es gäbe nur wenige Austritte zu verzeichnen.
Lindner, jemand der sich gerne außerhalb der Gesellschaft stellt und damit meint, seine Klientel zu vertreten. Zu seinem rückständigen Weltbild gehört dann natürlich auch, dass er gegen das Gendern ist - würde das unsere Sprache "entstellen".
Style PASS, als liberales Medium, ist traurig über diese Auslegung von Liberalität - und wir gendern einfach weiter: mit oder ohne liberale Regierungsbeteiligung.