Sports & Politics
„Wir stehen nicht für 'Integrationsglitter'“
Style PASS besuchte den Wheel-Soccer-Cup bei „Pfeffersport“. „Wir stehen nicht für 'Inklusionsglitter sondern für echten Fortschritt'“, sagt die sympathische Itong Ehrke, die bei Pfeffersport mehrere Projekte verantwortet und sich auch um die Einwerbung von Geld kümmert. Wir sprechen mit ihr vor Ort über die Arbeit von Pfeffersport.
Style PASS: Beim Wheel-Soccer-Cup gibt es viel zu tun!
Ja, das stimmt. Hier sind 96 Teilnehmer*innen, hauptsächlich aus Berlin, aber auch aus anderen Bundesländern. Die Organisation dahinter ist natürlich enorm. Wir sind froh, dass wir die barrierefreie Max-Schmeling-Halle für das zweitägige Turnier nutzen können. Es spielen auch Menschen mit, die im Alltag nicht im Rollstuhl sitzen. Das ist wichtig zu betonen, da viele das bei "Wheel Soccer" nicht sofort denken.
Style PASS: Das ist uns auch aufgefallen. Es gibt keine Stufen am Eingang.
Genau, eine barrierefreie Sporthalle hat aber noch viele weitere Merkmale. Behinderungen sind vielfältig und Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen müssen berücksichtigt werden. Jemand, der im Rollstuhl sitzt, hat andere Bedürfnisse als jemand, der blind ist.
Style PASS: Wie kam es dazu, dass "Pfeffersport" sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderung einsetzt?
"Pfeffersport" existiert seit über 30 Jahren. Der Verein entstand aus einer Volleyballgruppe einer Pfefferwerk Betriebssportgruppe. Vielfalt und Toleranz waren von Anfang an sozusagen in der DNA des Vereins verankert, da von Anfang an verschiedene Menschen zusammenkamen, um Sport zu treiben. Heute sind wir ein großer Verein mit über 5.000 Mitgliedern. Aber Inklusion und Vielfalt beziehe ich nicht nur auf Behinderungen. Wir haben verschiedene Sportprojekte im Verein, zum Beispiel für ältere Menschen, bei denen speziell auf altersbedingte Krankheiten eingegangen wird. Wir haben ein riesiges Angebot - Vielfalt begegnet man am besten mit Vielfalt ist unser Vereinsmotto.
Style PASS: Auf Ihrer Homepage haben wir gesehen, dass sich "Pfeffersport" auch für die Ukraine engagiert.
Ja, wir haben das Projekt "Ukraine Sport Support" mit Hilfe der Aktion Mensch umgesetzt. Zum Beispiel wurden 200 Kinder aus der Ukraine kostenlos in unseren Feriencamps betreut. Dieses Projekt ist uns sehr wichtig und bringt nicht nur den Kindern Freude und erleichtert den Einstieg, sondern entlastet auch die Eltern. Wir bieten Sprachassistenz an und haben unsere Homepage auch auf Ukrainisch übersetzt. Es gibt auch verschiedene Sportkurse für ukrainische Geflüchtete. Wir haben auch andere Angebote für Menschen mit Fluchtbiografie.
Style PASS: Ein großes Kompliment für die praktische und pragmatische Arbeit von "Pfeffersport".
Um uns mal selbst zu loben: Ich denke, wir setzen Inklusion und Vielfalt im Verein ziemlich gut um. Deshalb ziehen wir immer mehr Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten und Menschen mit Behinderungen an.
Style PASS: Fühlen Sie sich von der Berliner Politik ausreichend unterstützt?
Es ist, denke ich, immer eine Frage der Perspektive. Inklusion steht meist in den Programmen aller Parteien, aber die praktische Umsetzung ist manchmal wenig optimal. Das sieht man auch in anderen Bereichen. Wir stehen heute natürlich viel besser da als früher, aber wir müssen den Fortschritt sehen und optimistisch daran arbeiten. Die Schritte sind langsam, aber es geht voran. Wir setzen weiterhin auf den Gestaltungswillen der Politik, aber vor allem darauf, dass auch in eine inklusive Zukunft investiert wird. Wir wollen nicht nur eine Kulisse wie so eine Art Inklusionsglitter für die Außendarstellung sein, die man auf Bildern sieht, sondern erwarten echte Unterstützung für unsere Ziele.
Wir sind immer in einem konstruktiven Austausch mit der Politik. Geduld ist auf jeden Fall gefragt bei diesem Thema.
Margarete Goj, die Presseverantwortliche, schaltet sich ein und betont die Wichtigkeit von Klarheit und Differenziertheit in der Kommunikation mit der Politik im Sinne von Pfeffersport: "Itong macht das richtig gut. Sie hakt immer wieder bei den Politikerinnen nach, die in Verantwortung stehen. Aber wir würden uns natürlich auch wünschen, dass die Politik auf uns zukommt, um von Praktikerinnen zu erfahren, worum es im Alltag genau geht!"
„Da hat Margarete natürlich recht“, sagt Itong Ehrke und ergänzt: Als Verein möchten wir Gelder sinnvoll und passgenau einsetzen. Dafür ist der Dialog mit der Politik wichtig: Was sollte aus unserer Sicht priorisiert werden? Welche Nischenprojekte benötigen mehr Unterstützung? Wir haben uns jetzt viel für Menschen aus der Ukraine eingesetzt, aber dabei dürfen die Kinder aus Berlin, insbesondere aus finanziell schwachen Schichten, nicht vernachlässigt werden. Über Kinderarmut spricht niemand gerne.
Style PASS: Das stimmt leider. Aber dafür kann Pfeffersport nichts. Das ist eine Frage des Mindestlohns und der Bürgergeld-Sätze, unter anderem.
