Sports & Politics
Trickreich wie Casanova
Den meisten Menschen ist der Venezianer Casanova wahrscheinlich lediglich als Frauenheld bekannt. Doch der Jurist Casanova war auch Geschäftsmann und bot Glücksspiel an. Friedrich den Großen soll er gar auf die Idee gebracht haben, Lotto einzuführen.
Der Tausendsassa, von Geschlechtskrankheiten gezeichnet und selbst temporär spielsüchtig, bekam irgendwann keine Frauen mehr ab und hatte obendrein auch keinen Erfolg mehr mit dem Glücksspiel.
Was Casanova wohl zu den aktuellen Debatten um Glücksspiel und Sportwetten sagen würde?
Wir wissen es nicht, aber der kleine geschichtliche Ausflug zeigt, dass Menschen schon immer wetten wollten und dass es schon immer Menschen gab, die damit Geld verdienten.
Heute dient Glücksspiel als gesellschaftliches Brennglas: oft verteufelt, von anderen heiß geliebt.
Ist es manchen Menschen gar peinlich, ab und zu Lotto zu spielen: Eine Art Unterschicht-Verhalten, das es zu verbergen gilt. Die Ausziehungen werden dann heimlich im Internet gegoogelt, anstatt sie mit Familie und Freunden im Fernsehen anzusehen.
Style PASS hat mehrfach über Sportwetten berichtet: Glaubt Style PASS, dass Sportwetten Fan+innen in ihren Lieblingssport inkludieren können und nicht die Reinkarnation satanischer Bräuche und menschlicher Schwächen auf Gottes Erdboden darstellen. Wetten, lediglich eine Art menschliches Grundbedürfnis: Wer Sport und seine Sportler+innen anhimmelt, will sich über das Wetten ins Weltgeschehen inkludieren und bestenfalls von seinem Expert+innenwissen monetär profitieren. Also gewinnen!
Doch die Politik wettert eifrig gegen Sportwetten, auch Faninitiativen wie "Unsere Kurve" motzen mit, mobben Journalisten, die sich erlauben, eine eigene Meinung zu formulieren, wie Style PASS!
Richtig ist: Geld zu verlieren ist - mathematisch gesehen - deutlich einfacher, als Geld zu gewinnen. Einfache Mathematik: Vom eingezahlten Geld der Wetter+innen werden Sportwetten-Mitarbeiter+innen, Buchmacher+innen, Infrastruktur, IT-Technik oder Filialen bezahlt.
Darüber sollten sich Wetter+innen bewusst sein!
Aber erwachsen sein, heißt in einer mündigen Bürgergesellschaft eben auch, Verantwortung fürs eigene Leben zu übernehmen. Leider kommuniziert auch der neue Drogenbauftragte der Bunderegierung Hendrik Streeck (CDU) zum Thema Sportwetten nicht auf Augenhöhe mit seinen Wähler+innen. Auf mehrmalige Nachfrage von Style PASS, wie er den Glücksspielstaatsvertrag bewertet und die Auswüchse um die rechtliche Regelung drum herum einordnet (tausende von Klagen beschäftigen deutsche Gerichte, weil flinke Jurist+innen behaupten, dass Sportwetten und Glücksspiel vor Inkrafttreten des Vertrags generell illegal waren ) wird Style PASS lange vertröstet, um eine dann doch recht reißerische Pressemitteilung zu bekommen.
Darin warnt Streeck: „Spielsucht zerstört Leben – leise, schleichend und oft erst erkannt, wenn es fast zu spät ist. Sie gehört zu den häufigsten Abhängigkeitserkrankungen in Deutschland – mit dramatischen Folgen für Gesundheit, Beziehungen und die eigene, finanzielle Existenz.“
Richtig ist: Die Politik sollte stärker zwischen illegalen und legalen Anbieter+innen unterscheiden. Nicht nur, um Spieler+innen aus vulnerablen Gruppen vor ungeschützten Wettangeboten mit zu hohem Einsatzvolumen oder allerlei psychologischen Trick zu schützen, sondern auch, um den deutschen Rechtsstaat in seiner Handlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten:
"Das Platzieren von illegalen Geldern als Spielguthaben auf einem eigenen oder fremden Spielerkonto wird zudem als Geldwäscherisiko im Bereich des Glücksspiels gesehen. Es erfolgt keine oder nur eine sehr begrenzte Teilnahme am Spiel. Nach einiger Zeit verlangt der Inhaber des Spielerkontos die Rückbuchung des ungenutzten bzw. kaum genutzten Guthabens auf sein Bankkonto. Wettkonten von ausländischen Online-Anbietern wurden hier als besonders anfällig eingestuft. Die nachweislich vom Glücksspielveranstalter angewiesenen Gelder werden dann (...) als Gewinne deklariert und gegebenenfalls versteuert. Diese Methode kann auch über ein einziges Spielerkonto erfolgen, allerdings werden regelmäßig zur Verschleierung der Geldwäscheaktivität mehrere Konten gleichzeitig geführt und benutzt. Häufig werden für die Rückbuchung dasselbe Bankkonto oder gleich mehrere Bankkonten genutzt, die jedoch für dieselbe Person eröffnet wurden." (Erste nationale Risikoanalyse, Bundesfinanzministerium)
Wer nicht in der Liga mitspielt, Geld am deutschen Fiskus auf einem Schweizer Nummernkonto bunkern zu können, dem steht zumindest noch das Einzahlen auf ein Spielerkonto zur Verfügung, pointiert Style PASS!
Das mag alles stimmen, was der Bericht des Finanzministeriums schreibt. Nur zeigt der Faktencheck, dass auch Glücksspiel und Sportwetten in Deutschland inzwischen überreguliert sind: Die vielfältigen Vorgaben sind für die Anbieter kaum noch unter einen Hut zu bringen. Auch Anbieter, die sich Mühe geben, die vielfältigen Vorgaben umzusetzen, werden in der öffentlichen Wahrnehmung schnell kriminalisiert. Auch weil manche Journalist+innen pauschal und einseitig über Glücksspiel und Sportwetten berichten, etwa beim Thema Spielsucht außen vor lassen, dass die legalen Anbieter Spielerschutzmaßnahmen umzusetzen haben.
Aber kommen wir doch wieder zurück ins Venedig um 1740. Als Casanova Glücksspiel (Lotto) anbot, gab es noch keine Live-Übertragungen von sportlichen Großereignissen, es gab noch keinen Spielerschutz und keine Fan-Initiativen, die sich um Glücksspielsüchtige sorgten. Sehr intelligente Menschen wie Casanova nutzten ihr Wissen, um mit Glücksspiel Geld zu verdienen.
Ob er dabei schummelte und seine Kunden hier und da über den Tisch zog? Anzunehmen!
Style PASS meint: Die Debatte um Glücksspiel und Sportwetten zeigt auch ein (deutsches) Bildungsproblem auf beziehungsweise das, was Politiker+innen meinen ihren Bürgern zumuten zu können.
Menschen, die gut in Mathematik und Statistik sind, können die Risiken um Sportwetten einschätzen, denn wer einmal in einer Tipico-Filiale die dort ausgelegten Quoten-Tabellen zu den Spielen studiert hat, weiß, dass es alles andere als trivial ist, diese Zahlenwerke richtig zu interpretieren. Bildung und Wissenschaft schützt Menschen vor Scharlatanen und Trickbetrügern. Bildung und Wissenschaft schützt Menschen vor irreführender Werbung. Bildung und Wissenschaft schützt Menschen auch vor holzschnittartig argumentierenden Politiker+innen wie Saubermann Streeck, der meint, erwachsene Menschen an die Hand nehmen zu müssen.
Wer in einer liberalen Bürgergesellschaft leben will, sollte auch akzeptieren, dass Hobbys und Interessen vielfältig sind. Nicht jeder, der nicht Tennis spielt, sondern lieber tippt und wettet, ist ein Asozialer, der die Kontrolle übers eigene Leben verloren hat!
Gerade Sportwetten sollten von Menschen als das gesehen werden, was sie sind, meint Style PASS: Eine coole Gelegenheit, Spaß am Sport zu haben und selbst mitzumachen, aber sicherlich nicht als Hauptberuf, mit dem man seine Miete verdienen kann oder als eine trickreiche Investment-Option!
