Sports & Politics
Verteilung von unten nach oben
Der Journalist, Buchautor und Vortragsredner Ernst Wolff sorgt mit seinen konzisen und treffsicheren Analysen zum internationalen Finanzmarkt für Aufsehen: Seine Bücher erhalten viel Anerkennung, aber haben auch eine polarisierende Wirkung: Auch im Interview mit Style PASS legt Wolff den Finger in die Wunde, als wir mit ihm über Cum-Ex sprechen. Durch dubiose Aktiengeschäfte wurde der deutsche Staat massiv geschädigt. Die Politik scheint jedoch eher wie Leonardo DiCaprio im Film "Wolf of Wall Street", hier im Bild, nach dem Motto "Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen" zu handeln.
Wer bislang noch offene Fragen zu Cum-Ex hatte, sollte weiter lesen!
Style PASS: Über Cum-Ex wurde viel berichtet. Sie sind Finanzexperte, der gerne von so genannten "alternativen Medien" zu Rate gezogen wird. Wie hoch / gravierend schätzen Sie den Schaden, der dem deutschen Staat durch Cum-Ex-Geschäfte entstanden ist? Stimmen Sie mit den öffentlichen Verlautbarungen überein?
Ernst Wolff: Offiziell haben die Cum-Ex-Geschäfte den deutschen Staat mindestens zwölf Milliarden Euro gekostet. Bezieht man ähnliche Deals wie CumCum mit ein, erreicht der Schaden zwischen 35 und 55 Milliarden Euro. Da Behörden aber nur das zugeben, was ihnen nachzuweisen ist, gehe ich davon aus, dass der tatsächliche Schaden um Einiges über den genannten Beträgen liegt
Style PASS: Grob gesagt geht es bei Cum-Ex-Geschäften um Dividendenauszahlungen und die Frage, wem eine Aktie zum Datum der Dividendenauszahlung gehörte. Warum war es für die Steuerbehörden so schwierig, das nachzuvollziehen?
Das war nicht schwierig, das war staatlich betreuter Steuerbetrug. Das Bundesfinanzministerium war spätestens seit 2002 über die Cum-Ex-Geschäfte informiert. Trotzdem hat der Bundesfinanzhof die Cum-Ex-Geschäfte erst im Juli 2021 zur vorsätzlichen Steuerhinterziehung und damit zur strafbaren Handlung erklärt. Glaubt jemand ernsthaft, dass man 19 Jahre braucht, um einen Schwindel von dieser Größenordnung aufzudecken und strafrechtlich zu verfolgen?
Style PASS: Style PASS hat in einem Artikel eine Karenzzeit für die Verkäufe von Aktien um das Dividendendatum herum vorgeschlagen. Oder sind Politiker*innen wie Scholz schon selbst auf die Idee gekommen? Gab es Maßnahmen von der Politik, Cum-Ex-Geschäfte künftig zu verhindern?
Ganz im Gegenteil. Olaf Scholz hat als Hamburger Bürgermeister zusammen mit seinem damaligen Finanzsenator, dem jetzigen Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher, dafür gesorgt, dass die Warburg-Bank 2016 unrechtmäßig erworbene 47 Millionen Euro, die das Finanzamt damals zurückforderte, nicht zurückzahlen musste. Keiner der beiden ist dafür bis heute juristisch belangt worden.
Style PASS: Herr Scholz hat bekanntlich Erinnerungslücken, wenn es um das Thema geht. Als profilierter Autor werden Sie sicherlich eine Meinung zu Scholz, Habeck und Lindner haben: Die Jungs tun ihr Bestes, um den Bürger*innen die Geldbörse voll zu machen?
Es handelt sich bei allen dreien um korrupte Marionetten eines korrupten Systems. Wir leben unter der Herrschaft der Finanzindustrie, die im zurückliegenden halben Jahrhundert in der Digitalindustrie einen mächtigen Verbündeten gefunden hat. Beide zusammen sorgen dafür, dass für sie wichtige politische Ämter nur mit Personen besetzt werden, die sich ihren Interessen notfalls auch ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz unterwerfen.
Style PASS: Steuern auf Aktien, eine Finanztransaktionssteuer und die Frage, wofür das Geld einer Finanztransaktionssteuer ausgegeben werden sollte - Themen, mit denen viele Bürger*innen ihr Leben lang nichts zu tun haben, weil sie keine Aktien kaufen oder besitzen. Fehlt es auch an Kompetenz im Umgang mit Aktien (Geschäften), so dass es kaum "Checks and Balances" gibt und nur Eingeweihte des "Geheimwissens", etwa Banker, dominieren? Ist das System funktional? Wird in den Medien hinreichend und kompetent berichtet aus Ihrer Sicht?
Lest mehr über "Gedächtnislücken-Scholz" HIER!
