Sports & Politics

Spielerlust statt Spielerfrust

Schon mehrfach hat sich Style PASS mit dem Thema Sportwetten auseinandergesetzt: Kann Tippen und Zocken doch durchaus Spaß machen und die Fan+innen in ihre Lieblingssportarten inkludieren. Doch es gibt auch andere Stimmen: Sportwettenanbieter durchweg böse Menschen, die den armen Wetter+innen trickreich das Geld aus der Tasche ziehen würden. Der sogenannte Glücksspielstaatsvertrag - Style PASS berichtete - sollte den Markt sinnvoll regulieren.
 
Style PASS sprach mit Luka Andric, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV) zu dem Thema! Der DSWV vertritt 18 Anbieter und zwar ausschließlich solche, die eine offizielle Erlaubnis haben, in Deutschland Sportwetten anzubieten und die auf der so genannten Whitelist der Aufsichtsbehörde, der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) spielen.
 
Style PASS: Welche Inhalte aus dem Glücksspielstaatsvertrag bewertet der Deutsche Sportwettenverband im Hinblick auf das seriöse Umsetzen von Glücksspiel-/Sportwettenangeboten als besonders wichtig?
 
Andric: Der legale Markt in Deutschland war noch nie so sicher wie heute. Dazu haben die Regeln des Glücksspielstaatsvertrages maßgeblich beigetragen und Politik, Aufsichtsbehörde und Anbieter können darauf zurecht stolz sein: Von der GGL geprüfte und genehmigte Spielerschutz-Konzepte, die strenge Identitätsprüfung oder das anbieterübergreifende Spielersperrsystem OASIS sind wertvolle Maßnahmen des Glücksspielstaatsvertrages, um ein sicheres Umfeld für die Wettenden zu schaffen.
 
Style PASS: Die Rolle Ihres Verbandes beim Thema "Spielerschutz"?
 
Wir treten dafür ein, dass die Spielerschutzmaßnahmen regelmäßig evidenzbasiert überprüft werden und auch die Interessen der Wettenden berücksichtigt werden. Wir finanzieren gemeinsam mit anderen Verbänden eine Telefonberatungs-Hotline zum Thema Spielsucht, die vom Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIöG) betrieben wird. Unsere Mitglieder investieren zudem kontinuierlich in Prävention, Monitoring und Compliance. Die Anbieter mit Erlaubnis stehen hier als Partner an der Seite der Behörden und engagieren sich aktiv für mehr und verbesserten Spielerschutz.
 
Style PASS: Von Seiten der Politik wird ja kritisiert, die Wettanbieter täten zu wenig, Spieler vor Suchtgefahren zu schützen, nutzten im Gegenteil Spielsüchtige aus, um diese finanziell zu "melken".
 
Für den legalen Markt gilt das jedenfalls nicht, hier gibt es starke und effektive Spielerschutzkonzepte, sodass gefährdete Spieler erkannt werden und nicht uneingeschränkt weiterspielen können. Dabei spielt auch eine Rolle, dass heute moderne Technologien wie Big Data-Algorithmen und Künstliche Intelligenz einen effektiveren Spielerschutz ermöglichen als dies in der Vergangenheit der Fall war: Durch Kontroll- und Frühwarnsysteme für auffälliges Spielverhalten oder ungewöhnliche Wettmuster stärken wir den Spielerschutz, indem risikobehaftetes Verhalten frühzeitig erkannt und gestoppt wird. All dies gibt es im Schwarzmarkt nicht, dort können auch Spieler mit Glücksspielstörungen unkontrolliert weiterspielen. Die verbesserte Schutzwirkung im legalen Markt schafft Vertrauen und sollte gleichzeitig mehr Freiräume für Anbieter und Verbraucher ermöglichen – etwa beim Wettangebot oder der Einzahlungshöhe. Denn Spielerschutz heißt nicht Verbotskultur, sondern verantwortungsvolle Gestaltung im Sinne des mündigen Verbrauchers, der gezielt Unterhaltung sucht.
 
Style PASS: Style PASS hat mehrfach zum sogenannten “Glücksspielstaatsvertrag" berichtet. Nachdem es Regulierungsbedarf im Bereich (Sport-)Wetten gab, sollte der Glücksspielstaatsvertrag Rechtssicherheit für Wettanbieter in Deutschland schaffen!Wie bewertet Ihr Verband den Vertrag?
 
Grundsätzlich positiv, denn Millionen Menschen in Deutschland profitieren davon, dass Sportwetten nun als legales Freizeitvergnügen in einem regulierten, geschützten und sicheren Umfeld möglich sind. Gleichzeitig gibt es Verbesserungsbedarf: Wir setzen uns für eine zielgerichtete und sachgerechte Weiterentwicklung des Glücksspielstaatsvertrags ein. Dies erfordert zuallererst eine ehrliche Evaluierung – mit Fokus auf die im Staatsvertrag festgelegte Auswirkung auf Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten. Denn obwohl der Staatsvertrag klare Ziele formuliert, steht das Regelwerk und in vielen Teilen seine Umsetzung der Realität des Marktes entgegen.
 
Style PASS: Hat der Deutsche Sportwettenverband Ideen, welche Aspekte in eine potentielle Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags eingearbeitet werden müssten?
 
Ja. Wir fordern insbesondere eine Ausweitung des Wettprogramms: Aktuell hat kaum ein europäisches Land mit Glücksspielregulierung so ein eingeschränktes und bürokratisiertes Wettangebot wie Deutschland. Dies gilt insbesondere bei den limitierten Live-Wetten, die für viele Verbraucher einen wichtigen Teil des Nutzungserlebnisses darstellen. Diese Einschränkung treibt Nutzer in den Schwarzmarkt, wo es mehr Live-Wetten aber keinerlei Spielerschutz gibt. Zudem ermöglichen breitere Wettangebote eine bessere Kontrolle gegen Spiel- und Wettmanipulation, weil auch diese Märkte professionell überwacht werden können. Darüber hinaus wünschen wir uns eine Anpassung der Regelungen zum Einzahlungslimit sowie eine stärkere Schwarzmarkt-Bekämpfung.
 
Style PASS: Können Sie das etwas konkretisieren?
 
Insbesondere eine bundesweite Schwerpunktstaatsanwaltschaft für illegales Glücksspiel sowie effektivere Sperrmaßnahmen und einen konsequenteren Vollzug gegen Anbieter ohne Erlaubnis würden helfen. Und wir setzen uns für eine Fortsetzung der Regelung zur Werbung ein: Ein weitere Reduktion der ohnehin begrenzten Werbemöglichkeiten wäre ein Foul am Spielerschutz und ein fatales Signal, denn Werbung ist kein Risikofaktor, sondern ein Mittel der Verbraucherlenkung und des Verbraucherschutzes – denn nur durch Werbung können die Wett-Interessierten zu den legalen und geschützten Angeboten gelenkt werden. Werbung für legale Sportwetten ist ein aktiver Beitrag zum Spielerschutz. Bei einem Werbeverbot für legale Anbieter wären nur noch die illegalen Anbieter sichtbar, das kann niemand wollen.
 
Style PASS: Style PASS findet es auch etwas lächerlich, wie manche Politiker+innen oder Anti-Sportwetten-Aktivist+innen argumentieren: Als ob jemand aufgrund einer Bandenwerbung "spielsüchtig" würde. Bürger+innen können schließlich nicht selbständig denken!?
 
Auch hier sehen wir leider, dass nicht ausreichend zwischen den regulierten und sicheren Angeboten und dem Schwarzmarkt unterschieden wird. Im Werbebereich gibt es zudem sehr klare Vorgaben und Regeln für die Anbieter mit Erlaubnis: Werbekonzepte müssen von der Aufsichtsbehörde geprüft und freigegeben werden, Warnhinweise sind vorgeschrieben.

Style PASS: Es sollte mehr zwischen legalen und illegalen Angeboten unterschieden werden?

Die zentrale Herausforderung besteht darin, Spielerschutz und attraktive Produktgestaltung nicht als Gegensätze zu begreifen, sondern als zwei Seiten derselben Medaille: Nur wer legale Angebote attraktiv und nutzerfreundlich gestaltet, kann Spieler im regulierten Markt halten – und so effektiven Schutz gewährleisten. Ein modernes Regelwerk muss daher beides ermöglichen: Sicherheit durch klare Vorgaben und technologische Schutzmechanismen sowie ein wettbewerbsfähiges Angebot, das dem Nutzerverhalten realistisch Rechnung trägt. Der bestehende Staatsvertrag schafft diese Verbindung bislang nicht ausreichend - was sich auch in den stagnierenden bis sinkenden Umsätzen der legalen Anbieter trotz wachsender Nachfrage widerspiegelt.

Style PASS: Spielerschutz und Spielerlust schließen sich aus Sicht Ihres Verbandes nicht aus?
 
Richtig, es kann sogar ein überzeugendes Argument für den regulierten Markt sein, dass die Spieler hier sicher und geschützt spielen können. Aber Spielerschutz darf auch nicht zu Spielerfrust und somit zu Abwanderung in den ungeschützten Schwarzmarkt führen.
 
Dieser ist leider mittlerweile stark gewachsen: 34 legalen Sportwett-Webseiten standen 2024 in Deutschland laut offiziellen Zahlen der GGL fast 400 illegale Sportwetten-Webseiten entgegen, was eine Steigerung von rund einem Drittel war. Wir brauchen eine effektivere Bekämpfung des Schwarzmarktes und wir sollten den legalen Markt attraktiver gestalten. Daher setzen wir uns für eine evidenzbasierte und praxisnahe Regulierung ein, die Spielerschutz mit Marktrealität verbindet – damit legale Anbieter ihre Rolle verantwortungsvoll und im Wettbewerb mit illegalen Anbietern erfolgreich erfüllen können, und Spieler in einem geschützten Rahmen bleiben.
 
 
Vielen Dank!
 
 
 

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