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Späte Reflexion
Es ist nun drei Jahre her, dass Kasia Lenhardt, die Exfreundin von Star-Kicker Jérôme Boateng Suizid beging.
Style PASS denkt über ihren Tod nach.
Standen zunächst sogar Mordgerüchte im Raum, so scheint die junge Frau, Model und Mutter eines kleinen Sohnes, subjektiv keinen Ausweg aus einem Sumpf aus Trennungsschmerz, Sinnsuche, und den Begleiterscheinungen einer streckenweise hysterischen Mediengesellschaft gefunden zu haben.
Style PASS berichtete damals wie andere Medien auch über den Suizid. Voraus gegangen war ein massiver „Shit Storm“ nach einem Interview von Jérôme Boateng, in dem er Kasia Lenhardt in keinem guten Licht dastehen ließ, gar von Alkoholproblemen berichtete.
Die Geschichte von Boateng ist auf den ersten Blick eine Geschichte unserer funktionierenden Integrationsgesellschaft. Auf den zweiten jedoch ein fulminantes Scheitern selbiger.
Der gebürtige Berliner Jérôme Boateng, 1988 geboren, wuchs bei seiner deutschen Mutter auf, die bei Lufthansa arbeitete. Sein ghanaischer Vater (Akan-Ethnie), Prince Boateng, trennte sich von der Mutter, als sein Sohn fünf Jahre alt war. Nicht nur bei Jérôme ist der Vater hinterher, dass der Sohnemann am Ball reüssiert, auch seine zwei älteren Halbbrüder Kevin-Prince und George Boateng kicken bekanntlich ziemlich gut.
Das klingt nach dem Gelingen von Träumen und Plänen eines Afrikaners, der in Deutschland seinen Kindern den Weg zu Erfolg und finanzieller Selbstbestimmung ebnet. Doch auf den zweiten Blick scheinen bei Jérôme Boateng die Skills für den Umgang mit Erfolg zu fehlen. Er bricht nach dem Hauptschul-Abschuss die Schule ab, um sich ganz auf den Ball zu konzentrieren.
Männer mit Erfolg machen privat ihre eigenen Regeln?
Nach diesem Motto scheint auch Boateng zu leben. Von der Mutter seiner Kinder trennt er sich, wie einst der Vater und aktuell muss er sich vor Gericht wegen Vorwürfen von Misshandlungen gegenüber seiner Ex verantworten. Am Tag, als Kasia Lenhardt in der Wohnung von Boateng Suizid beging, soll er ihr ein knallhartes Ultimatum gestellt haben, bis wann sie ihre Sachen abzutransportieren hat. Das mag die junge Frau als verletzend empfunden haben.
Nach dem Interview in der BILD die üblichen Kommentare von Menschen, die meinen, zu allem und jedem eine Meinung haben zu müssen: Klar, sei Kasia, die bei Gemany's Next Topmodel teilnahm und danach Psychologie studiert, wahrscheinlich nur hinter dem Geld und einem gehobenen Lifestyle im Dunstkreis des Kickers her gewesen, und dann noch Alkohol zu trinken, noch dazu als Mutter eines kleinen Sohnes, grenzt natürlich an Rabenmuttertum, auch wenn aus dem Umfeld von Kasia Lenhardt nach dem Suizid zu hören ist, der Alkoholkonsum habe sich im normalen Bereich bewegt.
Style PASS fragte bei BILD nach, wie das journalistisches Medium dazu steht, öffentlich Vorwürfe des Alkoholmissbrauchs über junge Frauen auszuschütten: „Frau Lenhardt hatte bereits vor dem Erscheinen des Boateng-Interviews über soziale Netzwerke den Weg in die Öffentlichkeit gesucht – und davon auch in den Folgetagen Gebrauch gemacht. Sie hatte nachweislich die Möglichkeit, sich in BILD zu äußern; BILD hat ihr das über ihre Agentur mehrmals angeboten. Und natürlich wurde sie vorab mit den Interview-Aussagen von Jérôme Boateng konfrontiert. Sie lehnte ab, konnte sich nicht zu einer Stellungnahme entschließen“, sagt BILD-Sprecher Christian Senft gegenüber Style PASS.
Der Presserat sah das Ganze deutlich anders und erteilte eine Rüge gegenüber BILD für das unter der Überschrift „Boateng rechnet mit seiner Ex ab” veröffentlichte Interview und argumentiert: „Körperliche und psychische Erkrankungen gehören nach Ziffer 8, Richtlinie 8.6 zur Privatsphäre, über die nicht ohne Zustimmung der Betroffenen berichtet werden soll. Die Redaktion hatte nach eigenen Angaben Lenhardt zwar mit dem Interview konfrontiert, jedoch keine Äußerung dazu von ihr erhalten. Die Redaktion hätte daher ihrer Eigenverantwortung nachkommen müssen und auf die Veröffentlichung des unbelegten Alkoholismus-Vorwurfs verzichten sollen, zumal dieser dazu geeignet war, die persönliche Ehre der Betroffenen nach Ziffer 9 des Pressekodex zu verletzen.“
Senft gegenüber Style PASS: „Der Freitod von Kasia Lenhardt ist traurig und bedrückend. Dass sich diese junge Frau das Leben genommen hat, das hat in der Redaktion Bestürzung, Mitgefühl und Trauer ausgelöst.“
Und über den Zusammenhang von Geld und unterschiedlichen Arten von „Machtmissbrauch“ von Männern scheint inzwischen nicht nur die Mutter von Boateng empört. Wie verschiedene Medien berichten, soll diese in einer Mail geschrieben haben: „Seit Jahren misshandelt mein Sohn Frauen psychisch und physisch, jetzt hat sich Kasia Lenhardt das Leben genommen und er will immer noch nicht die Konsequenzen für sein Verhalten tragen.“
Auch bei BILD scheint man umgedacht zu haben: „Richtig ist aber auch: Das Interview mit Jérôme Boateng spiegelte in bedrückender Weise die asymmetrischen Machtverhältnisse in der Beziehung zwischen Kasia Lenhardt und Jérôme Boateng wider. Das Interview hatten wir später auf Bitte der Familie der Toten gelöscht“, sagt Senft abschließend.
Style PASS findet die Reflexion der BILD-Redaktion gut und wünscht der Familie von Kasia Lenhardt weiterhin viel Kraft im Umgang mit dem sinnlosen Tod!
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