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Style PASS spricht mit der Autorin Sievers über Prostitution und Pornos / Foto: Facebook

„Männer dürfen aus der Gleichung nicht rausgenommen werden!“

Für ihren Historienroman „Die Judenmadonna“ bekommt Antje Sievers momentan viel Applaus – gerade bei einem historisch fachkundigen Publikum. Aber neben dem Schreiben setzt sich die engagierte Autorin für Frauenrechte und einen gleichberechtigte Sichtweise auf Sexualität ein.

Style PASS: Liebe Antje Sievers, vor einiger Zeit sprachen Sie mit Style PASS über Ihren Historienroman „Die Judenmadonna“. Sind Sie mit der Resonanz auf Ihr Buch zufrieden? Was gibt’s Neues?

Antje Sievers: Schön finde ich, dass mein Buch gerade auch bei einem fachkundigen Publikum gut ankommt, wie bei Historikern. Ohne Kolleg*innen abwerten zu wollen, aber ich denke schon, dass sich die „Judenmadonna“ positiv von herkömmlichen, hier und da doch recht seichten Historienromanen absetzt, wo nicht so in die Tiefe gegangen wird. Nicht so toll fand ich den einen oder anderen Kommentar im Netz zu meinem Buch, wo ich doch persönliche Motive gespürt habe.

Style PASS: Der eine oder andere hätte vielleicht auch gerne ein Buch geschrieben!

Ja, sicherlich. Das gehört eben dazu. Selbst extrem erfolgreiche Kolleg*innen müssen persönliche Anfeindungen ertragen.

Style PASS: Ein neues publizistisches Projekt?

Da ich bereits sehr viel zu dem Judentum im Elsass geforscht habe, werde ich das nochmal aufgreifen. Ich plane einen Roman über den Schatz von Colmar. Bei Bauarbeiten im 19. Jahrhundert hat man diesen in der Judengasse gefunden. Der Schatz muss aus der Zeit der Pest stammen. Dazu wird es eine Geschichte geben. Aber mehr möchte ich noch nicht verraten!

Style PASS: Neben dem Publizieren setzen Sie sich auf Ihrer Facebookseite, auf der Sie viele Follower und große Resonanz auf Ihre Posts haben, für Frauenrechte ein. Was war in letzter Zeit ein kontroverses Thema, das Sie hier aufgegriffen haben?

Sobald es um Prostitution oder Abtreibung geht, wird es kontrovers. Beim Thema Prostitution fliegen mir immer dieselben, abgedroschenen Klischees um die Ohren, wie, dass die Prostitution „der älteste Beruf der Erde“ sei. Ich habe das mal gespiegelt und gepostet „Abtreibung ist der älteste medizinische Eingriff der Menschheit“. Da waren die Reaktionen recht grell. Inzwischen bin ich empfindlich geworden – ich bin klar gegen Prostitution. Dazu habe ich schon in zu viele kaputte Seelen von Frauen geschaut, die das gemacht haben.

Style PASS: In einigen EU-Ländern wie Polen geht es wieder rückwärts, was das Thema Abtreibung anbelangt!

Ich bezeichne mich als Feministin, habe früher viel EMMA gelesen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit 58 noch höre: „Abtreibung ist böse“. Manchmal habe ich das Gefühl, wir kommen bei dem Thema nicht weiter. Die Anzahl der Abtreibungen bleibt seit einigen Jahren relativ gleich.

Style PASS: Was sagen Sie zu dem Argument „Abtreibungen sind heute doch gar nicht mehr nötig“, Stichwort „Verhütung“.

Was mich daran halt nach wie vor stört, ist, dass bei der Gleichung meist die Männer komplett rausgenommen werden. Es kommt nach wie vor so rüber, dass die Frauen halt für das Thema Verhütung zuständig sind.

Style PASS: Es ist eine gesellschaftliche Frage und auch eine Frage nach Gleichberechtigung im besten Sinne! Das ganze Thema Sexualität erscheint doch oft mit Klischees und Verklemmtheit überfrachtet zu sein.

Ja, das stimmt. Es fehlt an vielen Stellen an einem vernünftig-souveränem Umgang mit dem Thema. In den Schulen muss mehr über Sexualität gesprochen werden aber auch in Beziehungen. Das wundert mich oft sehr, dass erwachsene Leute wirklich Probleme haben, mit ihrem Partnern darüber zu reden. Den einen oder anderen Tipp in Frauenzeitschriften zu dem Thema finde ich schon ulkig.

Style PASS: Es gibt viele Stereotype in Deutschland, etwa, dass alte Menschen keinen Sex mehr haben (dürfen). Was natürlich Quatsch ist: Man kann mit 20 schlechten Sex haben und mit 70 guten – und umgekehrt!

Das ist in der Tat schlimm! Die sexuelle Kultur geht im Moment komplett den Bach runter. Wie kindisch über Sex gesprochen wird, das macht mich oft sprachlos. Was mich traurig macht, sind auch Aussagen von Frauen: „Ich habe mir überlegt, in die Prostitution zu gehen, weil der Sex mit meinem Freund macht mir eh' keinen Spaß!“

Style PASS: Den meisten Deutschen macht ihr Job keinen Spaß, also sollte man für Dinge, die einem keinen Spaß machen, wenigstens Geld nehmen?

Viele Frauen sehen Sex nach wie vor als etwas, was dem Mann Spaß machen muss, aber nicht ihnen. Der Mann muss „bedient“ werden.

Style PASS: Ein Thema, das Sie immer wieder aufgreifen, sind die Zustände in der (deutschen) Prostitution. Wenn man Ihre Schilderungen liest, vergeht einem eigentlich die Lust auf Sex. Aber offenbar sehen viele Freier das anders?

Es hat etwas mit Macht zu tun. Und das Bild: Männer „brauchen“ einfach Sex. Viele Freier denken offenbar wirklich, dass es den Frauen Spaß machen würde.

Style PASS: Für gewöhnlich würde ein Mann ja auch kaum sagen: Ich bin so hässlich, ich bin so unfreundlich und ungepflegt und muss für Sex zahlen.

Haha. Wohl eher nicht. Zudem orientieren sich viele Männer halt an Pornos. Die Überschwemmung unserer Gesellschaft mit Pornografie hat vieles geändert.

Style PASS: Kürzlich sagten Sie auf Facebook, in manchen Jobcentern würde arbeitslosen Frauen dazu geraten, in die Prostitution zu gehen. Ernsthaft?

Ich habe das in Foren gelesen, ich halte das für glaubwürdig.

Style PASS: Style PASS sprach kürzlich mit Christa Stolle von der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES. Diese setzt sich für ein Sexkaufverbot ein. Wie stehen Sie dazu?

Ich sehe das absolut positiv und befürworte das auch.

Style PASS: Style PASS stellt am Überthema „Frauenfußball“ die Girls in den Fokus. Drei männliche und drei weibliche Spieler*innen, die Sie kennen?

Meine Antwort ist da, denke ich, enttäuschend: Ich kenne keine einzige Spielerin namentlich.

Style PASS: Gibt es auch positive Vibes beim Thema Frauen(-rechte), die Sie beobachten?

Viele junge Frauen achten sehr gut auf sich und ihren Körper. Machen Sport und ernähren sich gut. Viele junge Mädchen kommen heute sehr selbstbewusst rüber – das finde ich gut.

Vielen Dank!

 

Mit Antje Sievers sprach Style PASS-Herausgeberin Eva Britsch

Style PASS über dämliche Ideen der Grünen:

Pragmatiker mit Charisma

Es gibt schillernde Vornamen. “Boris“ ist so einer, der verschiedenste Assoziationen weckt. Bei Boris Godunow ein monumentales, pathetisches Opern-Erlebnis, bei Boris Jelzin der Gedanke an heftige Wodka-Vernichtung, was immer noch humaner ist als irgendwo einzumarschieren; bei Boris Becker fällt einem ein brillanter Tennisspieler ein, der als Geschäftsmann leider nicht ganz so brillant herüber kommt.

Und Boris Palmer?

Ein geradliniger Typ.

Bild: Facebook / Boris Palmer

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